Kilian Jornet – Seine Taktik beim UTMB

Kilian Jornet gewann den diesjährigen Ultratrail de Mont Blanc mit Streckenrekord. Ein Sponsor gibt nun Einblick in die Laufdaten des Ultraläufers.

Kilian Jornet ist einer der besten Ultra-Trail-Läufer der Welt. Beim Ultratrail de Mont Blanc (UTMB) 2022 ließ er auf 173 Kilometern und 9600 Höhenmetern keinen Zweifel daran. Sicherlich können wir Normalos eine Menge von ihm lernen und zum Glück hat Coros, Jornets Sponsor, seine UMTB-Laufdaten veröffentlicht.

Legen wir doch gleich los. Zunächst ein Schmankerl für uns Normal-Läufer. Kilian Jornet hat eine Basisfitness von 175 in der Coros-App (01.08). Mein momentaner Wert ist 80, was schon okay ist, ohne zielgerichtetes Training. Er ist also vereinfacht doppelt so fit und das so kurz vor dem Wettkampf, in der Tapering-Phase. Hut ab! Dabei trainiert Jornet in den üblichen Pulsbereichen (70 % niedrige Belastung).

Des Weiteren sehen wir hier seine 4-wöchige Tapering-Phase, also die Phase, in der vor einem Wettkampf langsam der Trainingsumfang reduziert wird. Nochmal Hut ab! Viele Läuferinnen und Läufer nehmen diese Phase nicht ernst oder verkürzen auf ein paar Tage – nicht gut. Kilian Jornet hat hier scheinbar alles richtig gemacht.

Kilian Jornet im Rennen

Natürlich muss man auch einen Blick auf das übrige Feld an Spitzenläuferinnen und Läufern werfen, um die Taktik Jornets einzuordnen. Besonders ein Konkurrent, Jim Walmsley, lag in über die ersten Kilometer in Führung und bestimmte Jornets Taktik mit. Die höchsten Pulswerte von 166-177 (aerober Bereich) wurden hier gemessen, was für einen so langen Ultralauf ungewöhnlich ist, da man Gefahr läuft im späteren Verlauf des Rennens keine Kraft mehr zu haben.

Weiter ging es nun im zweiten Abschnitt des Rennens zwischen Les Contamines Montjoie und Col de la Seigne – KM 30-60. Walmsley bestimmte das inzwischen etwas leicht reduzierte Tempo und führte weiter. Jornet lief bei 150-155 Schlägen pro Minute etwa an seiner Ausdauer-Schwelle lief. Für beide Läufer sicherlich ein weiterer kräftezehrender Abschnitt. Trotzdem hatte er am Ende dieses Teils nur fünf Sekunden Rückstand.

Das änderte sich innerhalb der nächsten 20 Kilometer (60-80) an dessen Ende Walmsley rund eineinhalb Minuten Vorsprung erlief. Was war geschehen? Jornet nutze die Downhills, um seinen Puls runterzubringen und sich von den ersten 60 Kilometern zu erholen. Auf den Drittplatzierten hatte er übrigens mehr als 16 Minuten Vorsprung.

Kilian Jornet bei Kilometer 80-125

Kilian Jornet sah es so aus, als würde er Jim Walmsley wieder einholen wollen, denn er reduzierte den Abstand bis auf fünf Sekunden. Jornet strengte sich nochmal an, wahrscheinlich um Walmsley zu attackieren. Man kann auch davon ausgehen, dass der Erstplatzierte seinerseits zunächst an Tempo verlor. Schließlich gelang es ihm seine Führung zu verteidigen und fünf Minuten Vorsprung, größtenteils bergauf, herauszulaufen – Angriff abgewehrt.

Der Drittplatzierte Mathieu Blanchard schob sich unterdessen auf 11 Minuten heran und zeigte, dass eine konservative Renntaktik auch sinnvoll sein kann. Es war spannend, diese drei Ansätze in einem Rennen zu sehen. Walsmley lief trotz schneller Anfangsphase volle Pulle und 13 Minuten vor Jornet, der erholte sich zweieinhalb Stunden bei einem Puls von ca. 120. Ja, man kann erholen sagen, denn hier schien er es besser zu machen als seine Kontrahenten, wie wir noch sehen werden. Blanchard kam unterdessen auf eine Minute heran.

Die letzten 50

Noch etwa 50 Kilometer zum Ziel kann man Jim Walmsley wohl unterstellen, dass er Jornet um jeden Preis davon laufen wollte, um am Ende einen komfortablen Vorsprung ins Ziel zu retten. Pustekuchen! Walmsley brach ein. Vorher wurde auch noch Jornet von Blanchard kassiert, lief einige Zeit an dritter Stelle, setzte dann aber zu einem Spurt an, den Blanchard mitging. An einer der letzten Steigungen drehte er nochmal auf und ließ den Franzosen stehen, der seinerseits nicht mehr angriff. Und auch Walmsley spielte nun keine Rolle mehr. Mit nun reduzierter Anstrengung lief Kilian Jornet unter 20 Stunden ins Ziel.

Die letzten Kilometer

Wie Jornets Taktik ohne den treibenden Jim Walmsley ausgesehen hätte? Wahrscheinlich ruhiger. Ich wage zu behaupten, dass genau das dazu geführt hat, dass er am Ende einen neuen Streckenrekord aufgestellt hat. Schlau war es allemal, sich an die jeweiligen Situationen anzupassen. Vielleicht hätte Blanchard aber auch sein Übriges dazu getan, schließlich kam er nur einige Minuten nach Jornet ins Ziel. Was meine Meinung bestätigt: Einen Plan zu haben ist gut, aber flexibel bleiben muss man trotzdem. Für Kilian Jornet hat an diesem Tag alles gepasst. Eine tolle Leistung, Gratulation.

Zum Schluss

Den Blogbeitrag von Coros findest Du hier. Wenn Du Fragen hast, melde Dich per Kommentar oder Instagram @nils_laeuft

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