Deutschlandlauf 2017 – Drei Überlebensstrategien

Mit dem Deutschlandlauf werde ich in mein bisher längstes Laufabenteuer starten. Aber was braucht man um 1300 Kilometer zu schaffen? Hier kommen ein paar meiner Überlebensstrategien, die mir (hoffentlich) helfen werden.

Ab dem 16. Juli heißt es für mich und meine Mitläufer, jeden Tag durchschnittlich 70 Kilometer zurückzulegen, 19 Tage lang, von Sylt bis an die Zugspitze, 1300 Kilometer. Fachliteratur gibt es nicht, also habe ich mir die Kommentare von Teilnehmern vergleichbarer Läufe angesehen, selbst einige von ihnen befragt und mir auch andere Ausdauersportarten angesehen, bei denen Wettkämpfe über mehrere Tage stattfinden. Dabei wurde mir deutlich, nicht die Kraft (sie ist Voraussetzung) ist entscheidend, sondern die mentale Flexibilität.

Einmal durch Deutschland laufen ist gewaltig. Wie gewaltig, werde ich wohl erst am Ende wissen, wenn ich auf der Zugspitze glücklich und zufrieden über die Ziellinie trete. Und da sind wir schon beim ersten Punkt meiner Vorbereitung:

Visualisierung – kenne dein Ziel

Egal ob du fünf oder fünfzig Kilometer läufst, du brauchst ein Ziel. Aber wie sieht es aus?

Stell‘ dir genau vor, wie du die Arme hochreißt, während du unter tosendem Applaus über die Ziellinie läufst. Du schwitzt, es ist warm? Spürst du die Sonne auf deiner Haut? Riechst du die frische Bergluft, die Zielbratwurst? Ja, jetzt bist du angekommen. Ein richtug gutes Gefühl.

Mit dieser Überlebensstrategie schafft man es motiviert zu bleiben und nochmal neue Kraft zu schöpfen. Und was soll ich sagen, es wirkt, wenn man zeitweise an seinem Vorhaben zweifelt. Im Training ist mir das manchmal passiert. Dann habe ich meinen kleinen Notfallplan in Gang gesetzt. Pause machen, Essen, Trinken und dann die Vorstellung wie ich im Ziel auf der Zugspitze ankomme. Das kann man auch beim Wandern machen, bei Marathons und kürzeren Strecken, wenn das Ziel ist: Hauptsache ankommen.

Ich glaube, diese Überlebensstrategie lenkt ab. Sie lenkt ab von Stimmungstiefs und man besetzt Zweifel mit positiven Gedanken. Dann vergisst du alles für ein paar Minuten, und das ist oft Hilfe genug. Oder an was hast du gedacht, als du die Zeilen oben gelesen hast?

Die Visualisierung (Fake it ‚till you make it!) motiviert während des Laufes und sie macht noch mehr. Durch die Beschäftigung mit dem Ziel, ergibt sich die Anforderung an dich. Was brauchst du bis ins Ziel? Wie gelangst du dorthin? Diese Fragen muss man sich unweigerlich stellen und es ist besser dies früh zu tun.

Erwartungen herunterschrauben – Genügsam sein

Es kann immer etwas passieren, egal ob Halbmarathon oder Ultralauf. Verlaufen, Hunger, Durst, Verletzung – die ganze Palette. Entscheidend ist, wie du damit umgehst. Das klingt sehr einfach vom Sofa aus. Den Spaßschalter umlegen und los. Aber so ist es draußen nicht. Da hat man Stress und wenig Zeit sich bewusst zu entscheiden. Glücklicherweise kann man Genügsamkeit und Antistress üben. Dazu kann man auch laufend meditieren, wie ich hier schon vorgestellt habe. Überlebensstrategie: Komfort weglassen.

Dazu muss man sich darüber klar werden, was man braucht und was nicht. Beim langen Wochenendläufen habe ich beispielsweise oft auf Energieriegel und Sportgetränke verzichtet. Dann kommt man plötzlich mit gewöhnlichem Wasser aus. Aber auch um 6 Uhr morgen loszulaufen gewöhnt einen an kommenden Stress. Gewöhnung macht den Meister!

Und muss ich immer die neueste Ausrüstung haben? Reicht statt eines GPS-Handgeräts mit selbstaufblasendem Rettungsballon nicht auch eine Karte aus Papier, die man mit einem Notkompass leicht ohne Batterien bedienen kann (vorausgesetzt man weiß wie)? Auch auf Musik kann ich verzichten, obwohl ich immer dachte, ich müsse mir die Laufzeit mit Spotify verkürzen. Aber Vorsicht, ohne den Zeitvertreib muss man stundenlang mit sich selbst klarkommen. Das kann nicht jeder.

Beim Deutschandlauf kommt noch etwas dazu -die anderen Läufer/Innen und die Lebensumstände. 19 Tage mit bis dahin fremden Menschen zu leben ist etwas Besonderes. Gut, beim laufen kann man sich aus dem Weg gehen, aber was ist abends? Wir übernachten überwiegend in Turnhallen, da bekommt jeder alles mit. Von dem Wecken um 4 Uhr mal abgesehen, ständig besetzten Duschen und den obligatorischen Schnarchern. Auch hier muss man sich seine Rückzugsräume schaffen, genügsam sein und die schönen Momente genießen.

Regeneration ist alles – wirklich

Ganz egal welche Überlebensstrategien man zur Bewältigung eines Laufs anwendet, das oberste Gebot ist: täglich wieder auf die Beine kommen. Und das geht nur mit schneller Regeneration. Das hat mir nicht nur Jens Vieler geraten (Wüstenläufer und Veranstalter der Tortour de Ruhr), sondern wurde mir selbst sehr deutlich klar, nachdem ich in Vorbereitung erstmals vier Tage am Stück gelaufen bin: Etappenlaufen bedeutet Essen, essen, essen! Dann duschen, Füße hochlegen und wieder essen. Ein Traum!

Dabei können wir den auf Hochtouren laufenden Körper nutzen und uns nach dem Lauf Kohlenhydrate und Nährstoffe zuführen. Denn der Körper verarbeitet Nährstoffe jetzt viel schneller. Je zügiger wir die Speicher füllen, desto schneller beginnt der Körper mit der Regeneration.

Ich leite übrigens schon 10-15 km vor dem Tagesziel die Regeneration ein, indem ich das Tempo nochmal rausnehme und die letzten Verpflegungsposten nutze, um zu essen. Im Ziel gibt es dann nochmal etwa 130 Gramm Kohlenhydrate, am besten in flüssiger Form, wie Fruchtsaft. Dazu gibt es gleich aufgelöste Elektrolyte, Obst und Gemüse. Damit ist der erste Schub schon mal drin. Unter der Dusche dann ein Molkedrink mit Maltodextrin (Kohlehydratpulver) und dann noch ein paar Mahlzeiten am Abend, nach dem Motto. Von flüssig zu fest.

Motivationsgeheimwaffe – Der gute Zweck

Aber ganz egal wie man es anpackt, das Restrisiko für einen Ausfall ist hoch. Daher soll hier auch niemand diese Überlebensstrategien als Allheilmittel verstehen. Es gibt aber noch etwas, was mich immer motiviert – ein guter Zweck. Wer jemanden mit einem Lauf unterstützen kann, sollte es tun. Nicht nur weil dann der ein oder andere Euro zusammen kommt, nein, wer eine Verantwortung hat, wird nicht so leicht aufgeben. Ich zumindest habe e bisher nicht getan. Die Spender sollen schließlich was von ihrem Geld haben. Und die Begünstigten, werden sich freuen, wenn man durchhält. Da kann man sich dann auch wieder die Visualisierung zu Nutze machen und sich die vielen glücklichen Gesichter der Begünstigten vorstellen.

Mein Lauf ist übrigen der Spendenplattform betterplace.org gewidmet. Und der Erlös kommt den Betreibern direkt zu Gute, damit noch viele tolle Projekte unterstützt werden können.

Mein Spendenlauf findest du übrigens unter: https://www.betterplace.org/de/fundraising-events/29858-laufend-durch-deutschland-den-helfern-zu-helfen

Es würde mich freuen, wenn du mich unterstützt. Bei Fragen schreibe mir gern.

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